Die Jurte steht! Nachdem wir das große schwarze Zelt am letzten Wochenende bereits mit tatkräftiger Unterstützung Geflüchteter auf einem Feld in der Nähe der Teeküche aufgebaut hatten, füllt es sich nun immer mehr mit Leben. Wir haben vier quadratische Tische in unterschiedlichen Höhen gezimmert an denen sich die Kinder aus verschiedenen Altersgruppen zum Malen und Basteln dransetzten können.
Direkt daneben wurde ebenfalls mit unserer Unterstützung ein großes Info-Zelt aufgebaut. Hier finden Geflüchtete beispielsweise Informationen zum Asylrecht in Griechenland aber auch tagesaktuelle Neuigkeiten wie zum Beispiel die Entscheidungen des EU-Gipfels und eine Anleitung, wie das “Relocation Program” funktioniert. Alle Informationen gibt es mindestens auf Arabisch und Englisch, natürlich sind aber alle bemüht so viele Übersetzungen wie möglich anzubieten. Solch einen Platz des Informationsaustausches gab es bisher nicht. Im hinteren Teil des Info-Zeltes haben wir ein Regal gebaut für die vielen Materialien, die wir bei der Kinderbetreuung benötigen und in einem durch Tüchern abgetrennten Bereich daneben schlafen wir. Es ist ein gutes Gefühl, dass wir seit nunmehr knapp einer Woche rund um die Uhr im Camp sind und nicht Abends wie fast alle anderen Freiwilligen wieder wegfahren. Man spart viel Zeit, da die Fahrerei wegfällt und bekommt einfach viel mehr mit vom Leben im Camp und ist den Menschen näher. Abends sitzen wir oft noch mit Flüchtenden zusammen und spielen bei einer Tasse Tee syrische Kartenspiele, morgens putzt man sich mit den Kindern zusammen am Wasserhahn die Zähne.

Die Zelte werden gerade ein Anziehungspunkt und kultureller Treffpunkt im Camp. Den ganzen Tag herrscht buntes Treiben in und um die Zelten herum. Die Kinder malen viel, es wird Fussball gespielt, außerdem lehrt ein arabisch-sprechender Freiwilliger ein paar Sätze auf Englisch. Die Flüchtenden helfen viel mit bei der Gestaltung des Platzes, so wurden zum Beispiel aus Paletten Sitzsofas gebaut. Wir sind überrascht, wie gut dieser Platz mit den Zelten ankommt, da wir am Anfang noch Bedenken hatten, ob andere Dinge nicht gerade wichtiger sind. Bei einer großen Einkaufstour haben wir zusammen mit anderen Freiwilligen viele Spielkarten und Backgammon-Bretter gekauft. Backgammon wird sehr viel gespielt in den arabischen Ländern und kommt daher im Camp sehr gut an.
Gestern haben wir damit angefangen eigene Backgammon-Spiele zu basteln. Aus den Maltischen der Kinder ist ein großes Spielbrett geworden und aus Steinen und Holz entstanden die Spielfiguren. Wenn das Malen und Spielen Abends vorbei ist, kommt der Beamer zum Einsatz, den wir aus Deutschland mitgebracht haben. Auf einer selbstgebauten Leinwand und mithilfe eines Stromgenerators  wurde die Jurte schon an mehreren Abenden zum Kino-Zelt. Es ist herrlich mit anzusehen, wie sich Menschen jeden Alters und verschiedener Nationalitäten beim Schauen von “Mr. Bean” amüsieren und vielleicht für einen kleinen Moment mal das Camp, die Flucht und die schwierige Situation vergessen, in der sich sich befinden.

Seit einigen Tagen ist eine Gruppe von Menschen im Hungerstreik, was immer wieder zu Konflikten führt. Vor allem die Menschen, die sich trotz des ausgerufenen Streiks bei der Suppe oder beim Tee anstellen, werden von den Streikenden angegriffen. Daraufhin wurde für einige Zeit im gesamten Camp kein Essen mehr ausgegeben und für ein paar Stunden hatten sich die großen NGOs aus dem Camp zurückgezogen. Heute hat sich die Lage allerdings wieder beruhigt, die friedliche Sitzblockade auf dem Bahnübergang, dem zentralen Ort des Camps, dauert weiter an. Bei den Gesprächen mit den Menschen merkt man, die Verzweiflung immer größer wird und viele nicht mehr weiter wissen. Der EU Gipfel brachte nicht die erhoffte Entscheidung.

Verfasst von Anika,
bearbeitet von Kristian

Kategorien: Idomeni

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