In den letzten Tagen hat sich unsere Jurte immer weiter etabliert und auch auf und um “unseren” Zeltplatz herum entsteht viel Neues. Neben der Kinderbetreuung findet weiterhin mehrmals am Tag Englischunterricht statt. Wir haben zum bereits vorhandenen “Mobiliar” kleine Sitzbänke und noch mehr Tische gebaut; neu ist auch eine Bücherbox, aus der sich die Kinder und Erwachsene Bücher ausleihen können. In direkter Nachbarschaft unserer Jurte hat eine Gruppe von Niederländern ein riesengroßes Zirkuszelt aufgestellt, um welches herum ebenfalls Kinderbetreuung stattfindet. Im Zelt entsteht ein Zentrum für Mütter mit Babys. Zwischen den Zelten haben Freiwillige ein Podest gebaut, auf dem Leute nun trockenen Fußes zusammen essen und Tee trinken können.Auch unsere Gruppe hat neuen Zuwachs bekommen, seit nunmehr fünf Tagen unterstützt uns eine Autoladung motivierter Voluntiere aus Hildesheim und schläft ebenfalls im Infozelt.

Da sich die Lage der Essensversorgung im Camp durch unabhängige Gruppen weiter verbessert hat, kocht die Küche der “Aid Delivery Mission”, bei der ein Teil von uns mithilft, in den letzten Tagen viel weniger als bisher.
Am Freitag standen überraschend ca. 12 Reisebusse im Camp und die Flüchtenden bekamen kostenlose Fahrkarten für die Fahrt in eines der Militärcamps, die von der griechischen Regierung als offizielle Alternative zu Idomeni eröffnet wurden, von denen aber keiner weiß, wie die Bedingungen vor Ort sind. Unabhängige Freiwillige werden nicht in diese Camps gelassen, ein paar befreundete Helfer von der Organisation “Grünhelme”, die dort an der Infrastruktur arbeiten, berichteten von schlechten Verhältnissen, die – wenn überhaupt – nur wenig besser als in Idomeni sind. Nach wie vor bleibt aber der größte Teil der Geflüchteten in Idomeni, weil sie doch noch an eine Grenzöffnung glauben oder weil sie Sorge haben in den Militärcamps ohne die Beobachtung von Journalisten und Freiwilligen in Vergessenheit zu geraten. Zusätzlich herrscht allgemeines Misstrauen gegenüber der griechischen und anderen europäischen Regierungen und die Angst in die Türkei abgeschoben zu werden ist groß.

Der Hungerstreik, von dem wir auch im letzten Eintrag berichteten war nach ein paar Tagen wieder vorbei, die Lage beruhigte sich wieder. Hin und wieder kommt es aber vereinzelt zu Protesten.
Am Samstag gingen dann Gerüchte um, dass sich am nächsten Tag die Grenze zu Mazedonien öffnen werde. Wir wissen nicht von wem die Gerüchte verbreitet wurden. Die Freiwilligen des Infozelts versuchten die Gerüchte zu entkräften und die Menschen in verschiedenen Sprachen davon abzuhalten, sich große Hoffnungen zu machen. Auch über die großen Lautsprecher der Polizei wurde auf Arabisch verkündet, dass keine Grenzöffnung zu erwarten sei, wie wir uns übersetzen ließen. Dennoch sammelte sich am Sonntag Vormittag eine Menschenmenge aus Reporten, Freiwilligen und Flüchtenden bei der Sitzblockade am Bahnübergang, kurz vor dem Grenzzaun. Mit einer Papierrolle und Stiften versuchten wir den Menschen die Möglichkeit zu geben, den Medien mit Bannern ihre Botschaften zu übermitteln und Bilder einer lauten Masse zu verhindern, deren Absicht schwer definierbar ist. Ein Flüchtender hatte sich vor den Protestierenden mit Megafon postiert und wies die Leute daraufhin, dass die Grenze ohne europäischen Beschluss nicht geöffnet werde und dass sie wieder zurückkehren sollen. Betroffen konnten wir beobachten, wie viele Familien direkt vor der Grenze mit ihren Kindern und gepackten Taschen warteten und dann enttäuscht zur ihren Zeltplätzen zurück kehren mussten. In Reaktion auf diesen zum Glück noch weitestgehend friedlichen Aufstand haben wir eine Erste-Hilfe-Station aufgebaut mit vielen Wasserflaschen um bei möglichen Tränengas-Einsätzen schnell helfen zu können.

Der Voluntiere-Bus, der von Spendengeldern gekauft wurde und schon seit über zwei Wochen in Idomeni im Einsatz ist, wird auch nach unserer Abreise Anfang April zunächst hier bleiben, da er dringend für Essens- und Kleiderverteilung gebraucht wird und auch genau zu diesem Zweck angeschafft wurde. Wenn er dort nicht mehr benötigt werden sollte, wird er von anderen Freiwilligen zurück nach Deutschland gefahren, wo wir ihn dann bei einem neuen Projekt einsetzen können.

Verfasst von Anika,
bearbeitet von Kristian

Kategorien: Idomeni

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