Die Sonne scheint und es sind erst ein paar Tage vergangen seit dem gescheiterten Versuch, die Grenze nach Mazedonien zu überqueren. Im Camp scheint alles schon Geschichte zu sein, den Rest der Woche wurde nur noch über den EU-Gipfel spekuliert, die Menschen blickten nach vorn. Während dieser gescheiterte Versuch für uns Freiwillige ein so einschneidendes Erlebnis war, kennen diese Menschen Flucht.

Gleichzeitig entwickelt sich das Idomeni-Camp weiter. Die Kinder-Jurte blüht, direkt daneben steht ein Informationszelt, heute wurde ein weiteres Riesenzelt aufgestellt. Die Sonne bringt Bewegung ins Camp, es ist viel los. Außerdem nehmen die Spannungen im Camp zu, in den letzten Tagen gab es immer wieder Ausschreitungen zwischen Menschen aus Syrien und Afghanistan. Mit einfachem Englisch versuchen wir Pauschalurteile zu vereiteln, trotzdem macht dieser Nationalismus Angst. Umso wichtiger wird dadurch das Unterhaltungsangebot, die Möglichkeit sich einzubringen und aktiv zu sein.
Mit dem 18. März war der Tag gekommen, auf den viele seit zwei Wochen warteten. Als der EU-Gipfel zu Ende ging, saß ich kartenspielend mit Frauen in einem Zelt, als ein Mann der Familie freudestrahlend reinkam: Die Nachricht, dass ab dem 20.3. alle die in Griechenland ankommen würden, direkt zurück in die Türkei zurückgeschoben werden, wurde so interpretiert, dass für alle, die vorher in Griechenland sind, der Weg nach Norden geöffnet würde. Umarmungen im Camp, wieder Hoffnung. Erst am Tag danach dann Ernüchterung, die Erkenntnis, dass aus den Abkommen nichts konkret abzuleiten war für die Menschen in Idomeni. Friedliche Proteste auf den Gleisen, wieder viel Medienpräsenz. Doch wie geht es weiter? Viele erwägen jetzt mehr als zuvor nach Athen zu gehen, überlegen in organisierte Militär-Camps umzuziehen oder setzen auf das Relocation Programm, mit dem sie ohne Angabe der eigenen Präferenz in ein EU-Land zugeteilt werden. Immer wieder gehen auch Gerüchte einer möglichen Grenzöffnung um.

Parallel dazu geht die Suppenversorgung weiter. Die Suppenküche ist mittlerweile Kult und Treffpunkt geworden. Nach ausgiebigen Schnippel-Vormittagen touren wir nachmittags ins Camp, um über mehrere Stunden Suppe auszugeben. Dabei haben wir genug Kapazitäten, dass immer Zeit und Energie bleibt, mit Kindern zu spielen, zu tanzen (wir haben eine super mobile Musik-Anlage) und mit Menschen ins Gespräch zu kommen. Beziehungen vertiefen sich mit Menschen, die uns immer helfen, oder immer vor Ort sind, froh über die Aufgabe und Beschäftigung. Viele können gut Englisch oder es findet sich immer jemand zum übersetzen, erste Sätze auf arabisch kann ich schon. Doch was antworten auf die Frage, ob und wann die Grenze geöffnet wird? Wie reagieren auf die verträumten Gesichter, wenn ich sage, dass ich aus Deutschland komme? Zweimal täglich wird auch eine Tankstelle (mit dem so genannten „Hotel Hara“) angefahren, einem ehemaligen Schleppertreff, an der vorallem viele Familien kampieren. Hier geht es etwas geordneter zu als im Camp, die Menschen sind meist noch nicht mehr als ein paar Tage bis Wochen da. Auch hier funktioniert die Ausgabe nur mit Hilfe der Refugees selbst. So leben wir doch etwas wie Alltag, während das Camp sich weiterentwickelt und jeder neue Tag ungewiss ist, geprägt von Hoffnung, Enttäuschung, Plänen und Rückschlägen.

Verfasst von Leoni

Kategorien: Idomeni

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