Nach knapp einer Woche auf »Informationsbeschaffung« in Italien sind Elena und Henry am Mittwoch endlich bei beinahe 40 Grad Außentemperatur mit unserem kleinen mobilen »Zuhause« in Belgrad angekommen, wo sich zurzeit um die 500 Schutzsuchenden aufhalten. Da Familien mit Kindern und insbesondere unbegleitete Jugendliche bevorzugt über die Grenze nach Ungarn gelassen werden, ist das Bild in den zwei Parks in der Nähe des Hauptbahnhofs hauptsächlich geprägt von Männern. Das sind der »Bristol-Park« sowie der sogenannte »Afghanen-Park«, was nicht pejorativ gemeint ist, sondern daher rührt, dass sich dort im vergangenen Jahr im Wesentlichen Schutzsuchende aus Afghanistan aufgehalten haben.

Unser erster Ansprechpartner hier in Belgrad war Refugee Aid Serbia (RAS), für die wir in unserem Bulli 120 Kilo Sachspenden mitgebracht haben. Wir hatten die Spenden in letzter Minute eingesammelt und waren traurig, nicht mehr mitnehmen zu können. Aber die ungläubige Freude unserer Freunde bei RAS über so viele Spenden aus Deutschland hat uns die strapaziöse Fahrt und die unerträgliche Hitze schnell vergessen lassen.

RAS ist eine Organisation, die sich im April 2015 gegründet hat und sich hauptsächlich um die Verteilung von warmen Mahlzeiten, Hygieneartikeln und Kleidung kümmert. Dafür kooperieren sie mit dem Team von InfoPark, bei denen Schutzsuchende sich über ihre Optionen und Rechte informieren können, sowie eine Orientierung über die Hilfsangebote in Belgrad erhalten. Leider gibt es nicht genug Mittel, um alle Menschen zu versorgen, sodass etliche mit einem hungrigen Bauch auf ihre Decken im Park zurückkehren müssen, aus dem sie noch dazu sukzessive die Behörden vertreiben, indem die Grünflächen abgesperrt werden. Nachts schlafen die Menschen daher in Haus- und Geschäftseingängen, anderen Parks und Parkhäusern. Da wir direkt zur bevorstehenden Austeilung des Abendessens durch RAS ankamen, haben wir uns sofort bereit erklärt, ihr Team zu verstärken und unterstützen sie seither täglich in ihrer Arbeit. Über RAS haben wir schon viele wertvolle Informationen erhalten und Kontakte geknüpft. Am Donnerstagabend wurde unser Zweierteam durch Alba vergrößert, die nach 18 Stunden Reise nicht müde war, gleich mit anzupacken.

Von Freitag bis Sonntag nahmen wir drei in den Räumlichkeiten von RAS an der Konferenz »Deep Roots, Strong Trees« teil, in der etwa 30 Freiwillige aus aller Welt (darunter natürlich auch Helfende aus Serbien) Fragen zur Freiwilligenhilfe, zur Arbeit von kleinen Organisationen (wie der unseren) sowie zu aktuellen Entwicklungen rund um das Thema Hilfe für Schutzsuchende diskutierten. Die Konferenz verlief in einer konzentrierten und produktiven Atmosphäre und wir konnten viel lernen von den Erfahrungen, die andere Organisationen seit ihrem bisweilen schon langjährigen Bestehen gemacht haben. Darüber hinaus trugen aber auch wir dazu bei, dass die Konferenz ein Erfolg war, und das positive Feedback, das uns erreichte, rührte uns sehr und bestärkte uns in der Gewissheit, dass unsere Arbeit notwendig ist.

Da ein paar Teilnehmer in letzter Minute verhindert waren, an der Konferenz teilzunehmen, blieben am Samstag etwa 15 warme Mahlzeiten über, die wir kurzerhand in unseren Rigardu-Bus verladen haben. Damit sind wir dann durch Belgrad gefahren und konnten schließlich einer kleinen Gemeinschaft von serbischen Familien, die in Bretterverschlägen neben einer Brücke leben, ihren Abend etwas verschönern.
Jetzt stehen wir vor der schwierigen Frage, wie es für uns weiter geht. Tatsächlich wird so gut wie jedes Projekt gebraucht. Von der Essensausgabe über die Bereitstellung von sicheren Unterkünften, bis hin zur Gründung von Nachbarschaftsprojekten um Vorurteile abzubauen und zwischenmenschliche Nähe zu schaffen, oder der Kinderbetreuung gibt es mehr als genug Ansatzpunkte. Wir werden RAS weiterhin in ihrer wichtigen Arbeit unterstützen und entwickeln Ideen, die manche der schwerwiegenden Probleme hier adressieren. Wir sind durch die Reaktionen auf unsere Ideen (von denen genauer berichtet wird, wenn wir an die Umsetzung gehen) und durch die Unterstützung, die uns zukommt, sicher, dass wir in Belgrad etwas aufbauen können, das sowohl für den Zeitraum, in dem wir vor Ort aktiv sein können, als auch nachhaltig einen wertvollen Beitrag leistet.

Wer von Deutschland aus aktiv sein möchte, kann uns gerne mit Informationen helfen, finanziell unterstützen oder durch Sachspenden. Insbesondere Männerkleidung (bis maximal Größe L) und Hygieneartikel für Männer, Frauen und Kleinkinder werden benötigt.

Wer unser Team vor Ort verstärken möchte, ist natürlich auch willkommen!

Verfasst von Henry

Kategorien: Belgrad

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