Die Stadt stand zu ihrem Wort: Das Fest im Park am Sonntag verlief überwiegend ruhig und alle hatten eine ausgelassene Zeit. Der Höhepunkt des Abends war natürlich die Darbietung von Alba und Elena auf der Violine gleich zu Anfang 😉

In den Tagen nach dem Fest kamen zwar immer wieder Busse, um Menschen nach Krnjača zu bringen, aber die Situation entspannte sich zusehends. Mittlerweile stehen die Busse schlichtweg parat, niemand wird aber mehr gezwungen, sich in die Camps zu begeben. Wer freiwillig gehen möchte, kann das natürlich tun.

(Zur Situation in den Camps siehe  diesen Link. Das Video hatten uns Freunde von innerhalb des Camps zukommen lassen. Wir haben es dann an „Are You Syrious?“ weitergeleitet, die es einer breiteren Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt haben.)

Leider wurden wir informiert, dass das Team von InfoPark, die Schutzsuchende mit Informationen versorgen und Frühstück und Mittagessen austeilen, und über deren Standort auch das Abendessen durch Refugee Aid Serbia verteilt wird, ihre Distributions-Lizenz entzogen wurde, die offiziell erst Ende des Jahres ausläuft. Wann sie ihre elementare Arbeit schließlich einstellen werden müssen, steht noch abzuwarten. Es kann jederzeit so weit sein.

Auch unsere Arbeit hat zurück zur „Normalität“ gefunden. Da sich über Tag wieder sehr viele Menschen im Park aufhalten, ziehen unsere Angebote erneut Menschen an und geben Raum für Ruhe, Kreativität, Spiel und Gesang. Nachdem am Dienstag noch niemand bei unserem Waschtag mitmachen wollte, spiegelten die voll gehangenen Wäscheleinen am Freitag die einigermaßen entspannte Lage wider.

Leider haben wir von dem Vermieter der Räumlichkeiten, in denen wir unser kulturelles Zentrum aufbauen wollen, eine Absage erhalten. Er entschied sich urplötzlich, die Lagerhallen doch nur als Ganzes vermieten zu wollen, und nicht in Teilen, wie er es noch uns gegenüber behauptet hatte. Leo und Henry sind seither wieder auf der Suche nach alternativen Orten und Möglichkeiten, dieses so sinnvolle Projekt umzusetzen. Dabei sind uns schon viele gute (und ein paar sehr verrückte) Ideen gekommen.

Auf jeden Fall schnurrt der Bus wieder, nachdem wir allein zu den Materialkosten den defekten Regler an der Lichtmaschine reparieren lassen konnten.

Dass wir unter der Woche wenig in den Parks arbeiten konnten, kam uns allerdings insofern entgegen, als dass wir ohnehin damit beschäftigt waren, unser Benefizkonzert vom Donnerstag mit dem Titel „Music Crossing Borders“ vorzubereiten. Carlo designte das Plakat, die Flyer und das Programm für die Veranstaltung, während Alba und Elena ihre Tage zu Hause vor den Notenständern verbrachten, um Werke von Mozart, Leclair, Kocakov und Prokofiev einzustudieren. Ihre Generalprobe veranstalteten sie in der Fußgängerzone im Zentrum von Belgrad. Wir verteilten mit der Hilfe von Tamim aus Afghanistan über 700 Flyer und sammelten gleich ein paar Spenden ein. Zum Konzert kamen über 60 Gäste und wir konnten umgerechnet etwa 155 Euro einnehmen, die jetzt in unser Projekt fließen. Unser Freund Leo staunte nicht schlecht. Für ein derartiges Event in Serbien sei das eine unglaubliche Menge Geld. Wir bedanken uns zutiefst bei den Geschwistern Nada und Slobodan Brkić, die das Programm am Piano mit mehrheitlich Eigenkompositionen vervollständigten. Die beiden sind zwei von drei Drillingen und sind kurz nach ihrer Geburt durch eine Überdosis Sauerstoff im Inkubator erblindet (http://sight4hopeandfreedom.com). Slobodans trockener Humor und Nadas Virtuosität am Piano fesselten uns mit einem Lächeln und einer Gänsehaut auf unseren Sitzen.

Darüber hinaus bedanken wir uns bei der Crew vom Mikser House, wo das Event stattgefunden hat, für die Bereitstellung ihrer Räumlichkeiten und dafür, dass wir nach dem Konzert noch eine Weile vor Ort feiern durften. Dass etliche Schutzsuchende ihren Weg ins Konzert gefunden haben, freut uns sehr, denn so konnten nicht nur sie den Abend genießen, sondern es ergab sich für etliche Gäste die Gelegenheit, einmal in den direkten Austausch mit ihnen zu treten. Da am Donnerstag noch dazu der Afghanische Unabhängigkeitstag war, fiel die Party im Anschluss an das Konzert entsprechend fröhlich aus bei Tanz und Gesang zu paschtunischer Popmusik.

Seit Freitag verstärkt nun Willi unser Team, der nach 17-stündiger Busfahrt um 10 Uhr morgens Belgrad erreichte, sein Gepäck kurzerhand im Rigarbus parkte und gleich bis abends mitarbeitete. Unser Plan, den Menschen im Park ihren Freitagabend mit Kino zu verschönern, fiel buchstäblich ins Wasser. Vielleicht schaffen wir es am heutigen Samstag, Leinwand und Projektor aufzubauen und zu Mr. Bean und Charlie Chaplin zu lachen, wenn das Kommissariat uns lässt.

Wenn ihr unsere Arbeit unterstützen wollt, könnt ihr uns mit Informationen, Geld oder Sachspenden helfen, oder eure Interessen, Ideen und Fähigkeiten vor Ort zur Geltung bringen lassen!

Verfasst von Henry

Kategorien: Belgrad

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