Am Mittwoch Abend fiel Fabio am Warehouse ein, dass er nach der warmen Dusche im Hostel seine Jutetasche mit Wäsche, Waschbeutel und Martins Kalender, Leas Opinel und Notizbüchern auf dem Hänger hatte liegen lassen. Daraufhin sind alle nochmals losgefahren, Fabio kletterte nach einer Auseinandersetzung mit dem Sicherheitsdienst heimlich über den Zaun des Hostels und zeigte sich daraufhin enttäuscht, dass der Beutel wohl verloren gegangen war. Naja halb so schlimm, nur eine paar alte Socken, ein Kalender von 2015.

Schade war es dennoch um Martins Notizen und Fabios rares second-hand-Blues-Brothers-T-Shirt. Doch bei der Heimfahrt ca. 2km hinter dem Hostel auf einer Landstraße sah man einen gelben Fleck auf der Strasse, was sich als Fabios schon verlorengeglaubte Cordhose herausstellte. Am Strassenrand fand sich daraufhin der Waschbeutel. Ein paar Geflüchtete, welche auf dem Gehweg neben der Strasse liefen, wurden daraufhin angequatscht, ob sie nicht auch noch ein paar alte Socken gesehen hätten. Leider wurde dies verneint, aber wenigstens hatten die Spaziergänger was zu lachen. Bereits auf der Autobahn fiel Lea dann ein weißes Stück Etwas auf dem Seitenstreifen auf.

Also gut, Ausfahrt runter, wieder zurückfahren und nochmal Autobahnrichtung wechseln, dann mit 60km/h und Fernlicht die Augen aufhalten. Als der weiße Fleck auftauchte machte Lea den Warnblinker an und Martin und Fabio sprangen aufgeregt auf den Seitenstreifen und tatsächlich: Die Stofftasche, Martins Bücher, das Messer und ein paar Unterhosen lagen verteilt neben der Autobahn. Das BluesBrothers-Shirt fehlte immer noch, doch irgendwer hatte es gut mit uns gemeint, denn auch dieses lag ca. 500 Meter weiter entfernt auf der Autobahn. Nachdem alle verlorengegangenen Gegenstände wieder gefunden waren, fielen wir erschöpft in den Schlaf.

Am nächsten Morgen (Donnerstag) beschlossen wir, dass Lea (wegen ihrer sehr nützlichen Französischkenntnisse) und Martin (wegen seiner Erfahrung mit Bauangelegenheiten jeder Art) sich auf den Weg machen sollten, um Baumaschinen zu mieten und Schotter für die Strasse zu besorgen. Anika und Fabio arbeiteten derweil in der Werkstatt im Warehouse. Es wurde viel gesägt und geholfen die Werkstatt weiter zu optimieren. Ausserdem wurde ein Rolltor repariert und diverse anfallende Kleinigkeiten erledigt. Nachdem einige Komplikationen mit der Kreditkarte von Anika mit langen Telefonaten nach Hause (zwecks Blitzüberweisungen, etc) gelöst wurden, trafen wir uns an Heiligabend am Bus.

Lea und Martin hatten insgesamt 2700,-€ für 110 Tonnen Schotter und 2100,-€ für Ausleihe eines Baggers und einer Walze ausgegeben, ein riesen Projekt mit hoffentlich riesen Auswirkungen auf die Infrastruktur und die vielen Menschen im Jungle. Beruhigend sind die vielen Helfer, welche noch aus Deutschland nachkommen werden, um uns zu unterstützen. Auch die Bremer, welche wir hier kennengelernt hatten, haben sich bereiterklärt bei Engpässen auszuhelfen. Martin hatte auch eine SMS von ein paar Leuten aus Leipzig bekommen, nachdem er seine Kontaktdaten auf diversen Volunteerseiten veröffentlicht hatte. Diese wollen ebenfalls nach Calais fahren, sich uns anschließen und sich hoffentlich auch finanziell an der Strasse beteiligen.

Der Schotter und die Baumaschinen werden am 28. Dezember morgens geliefert; ab da kann es mit allen Helfer*Innen richtig losgehen. Bis dahin gibt es genug Arbeit in der Werkstatt oder im Jungle; eventuell sollen wir helfen, eine Impfstation zu bauen. Doch verständlicherweise ist hier alles ein „organisiertes Chaos“ und Anweisungen und Strukturen sind nicht so leicht zu durchblicken. Alle Freiwilligen geben aber das Beste und machen den Umständen entsprechend einen richtig guten Job!

Nachdem wir uns am Bus getroffen hatten, hörte man ein leises Pfeifen an einem Vorderrad. Scheiße – genau beim Einparken hatte sich eine Schraube in den Reifen gebohrt. Naja, halb so schlimm, der gute alte VW-Bus hat alles an Bord, was in einem solchen Fall benötigt wird. Werkzeugkasten rausgeholt, Ersatzreifen installiert und fertig. Der Ersatzreifen ist zwar ein Sommerreifen und leicht rostig, aber es wird schon gut gehen, das Glück ist auf unserer Seite…

Bei der Abendplanung beschlossen wir, im Jungle ein Weihnachtsessen mit Tom (einem Freiwilligen aus London) zu machen. Gesagt getan, sind wir abgefahren und haben prompt die Bremer im Camp getroffen, mit welchen wir einen Weihnachtsumtrunk im Bus hielten. Danach ließen wir uns es in einem afghanischen Restaurant gutgehen (soweit man die provisiorischen Hütten als „richtige“ Restaurants bezeichnen kann, aber was solls, das einfache Essen ist super lecker, billig und macht satt). Wir beschlossen daraufhin kurzfristig doch nicht im Camp zu schlafen, sondern fuhren ans Meer, was nur ca. 5 Minuten vom Jungle entfernt liegt. Dort machten wir einen Abendspaziergang bei Vollmond (#brightsideofthemoon) und fanden ein romantisches Plätzchen zum Nächtigen. Der Bus am Meer hätte beinah ein Fotomotiv eines VW-Werbekalenders werden können!

Verfasst von Fabio


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