Unser Distrubution-Center steht! Nach mehreren Tagen gemeinsamen Arbeitens mit den Menschen vor Ort konnten wir am Freitag Abend nach Sonnenuntergang unsere kleine Hütte fertigstellen.

An den ersten Tagen stellten wir die Seitenwände fertig, jedoch stand noch gar nicht konkret fest, wo die Hütte stehen und welche Organisation ein Auge drauf haben würde, sobald wir wieder abfahren. Dies entschied sich beim allwöchigen Distrubution-Meeting am Mittwoch. Dort treffen sich alle Organisationen und unabhängige Freiwillige, die Essen oder Sachspenden im Camp verteilen, um sich untereinander zu koordinieren. Im Meeting stellten wir Kontakt her zu einem Zusammenschluss mehrerer kleinerer griechischen Organisationen, die unter dem Namen „Open Kitchen“ selbstgekochtes Essen und Essenspakete zum selber Kochen verteilen. Oft bekommen sie Essensspenden von anderen Freiwilligen und verteilten alles bisher direkt aus einem Container.

Da es den Menschen in Idomeni immer noch am Vielem fehlt, sind Spendenausgaben immer wieder Auslöser für Streitigkeiten und Unruhen. Unkoordinierte Verteilungen sind darum für die Freiwilligen und auch für die Flüchtenden sehr gefährlich, weshalb unsere Idee des Distribution-Centers auf viel Zustimmung und Dankbarkeit bei „Open Kitchen“ stieß.

Mit „Open Kitchen“ besprachen wir, dass wir die Hütte neben deren Container stellen, damit man von dort die Spenden direkt durch die Hütte koordiniert verteilen kann. Da am Donnerstag noch am Container verteilt wurde, konnten wir die Hütte noch nicht am Zielort zusammenbauen.

Daher nutzten wir die Zeit und unterstützen die Struktur im Info-Zelt. Da wir in der Woche oft zum Baumarkt gefahren sind und immer wieder Holz herangeschafft hatten, waren wir mittlerweile als „Wooden-Team“ bekannt. Immer wieder bekamen wir daher kleinere Aufträge vom Info-Team. Unter anderem haben wir ein Regal und einen Unterstand für den Generator gebaut, da in den nächsten Tagen mit Regen in Idomeni zu rechnen ist.

Was Regen für die 10 000 Bewohnerinnen und Bewohner bedeutet, lässt sich nur schwer beschreiben. Wegen des sonnigen und heißen Wetters in den letzten Wochen haben sich die meisten Menschen vor Ort dementsprechend eingerichtet. Die Vordächer vor den Zelten, die als Sonnenschutz aufgestellt wurden, bestehen fast ausschließlich aus Decken, die bei Regen sehr schnell durchweichen. Die meisten Zelte sind einwandig und nicht wasserdicht. Außerdem wurden die Gummistiefel zu Halbschuhen umgearbeitet, und das bei einem Platz, der sich schon bei leichtem Regen in eine Schlammpfütze verwandeln kann.

Den ganzen Freitag waren wir dann damit beschäftigt, die 2,5 x 3,5 Meter große Hütte aufzubauen. Der unebene Boden, ein kaputter Tacker und die schlecht gesägte Latten vom Baumarkt forderten von uns oft kreative Lösungen und ein gewisses Maß an Geduld und Spontaneität.

Beim Bau des Distribution-Centers machten wir Bekanntschaft mit einer Familie aus Syrien, die uns am Freitagabend zu einem sehr leckeren Abendessen einlud. Obwohl die Familie mit vier Jungs zwischen einem und acht Jahren selbst fast nichts besitzt, war es ihnen ein Anliegen, dieses Wenige mit uns zu teilen. Wir sind sehr berührt von dieser Gastfreundschaft, die über die gewohnte deutsche Höflichkeit weit hinaus geht.

Die Ausweglosigkeit, in der die Menschen in Idomeni stecken, wird einem immer wieder bewusst. Oft enstehen absurde und unbegründete Gerüchte wie, dass der Papst oder „Mama Merkel“ alle Menschen aus dem Camp aufnimmt, in welche die Menschen all ihre Hoffnung stecken und wodurch sie immer wieder enttäuscht werden.

Laut einer Zählung des UNHCR leben momentan etwa 10 000 Menschen im Camp, davon sind über 40 Prozent Kinder. Das bedeutet über 4 000 Kinder, wovon die meisten unter 5 Jahren sind. Viele von ihnen haben den Vater und andere Verwandte in Deutschland. Alle Papiere sind zusammen, sie haben das Recht auf Familienzusammenführung. Und nun? Die einzige Möglichkeit dieses Recht zu bekommen, ist ein Videoanruf über Skype ein paar wenige Stunden in der Woche. Es wurde tatsächlich geschafft, mitten im Nirgendwo im Info Zelt eine Internetverbindung aufzubauen. Doch all das ist nichts wert, da nie jemand auf der anderen Seite abnimmt.

Tatsächlich ist es zur Zeit die einzige Möglichkeit für die Geflüchteten, sich für eine Familienzusammenführung oder Relocation zu bewerben. Bei einer Relocation werden die Menschen in ein anders EU-Land gebracht, welches sie sich allerdings nicht aussuchen können. Also ist selbst die einzige Option zum Vorankommen keine reale Option. Die Hoffnung durch die Gerüchte hält die Menschen in Idomeni. In den offiziellen Mililtärcamps von der griechischen Regierung herrschen oft schlechtere Bedingung als den Menschen gesagt wird.

Unsere Bedenken, dass wir in der kurzen Zeit nicht viel bewegen können, haben sich nicht bestätigt. Das Distribution-Center ist eine stabile Konstruktion geworden, die sehr nützlich ist und wir konnten innerhalb der Woche auch das Team vom Informationszelt nachhaltig unterstützen. Nach einer Woche mussten wir dann Abschied nehmen von unseren Freunden, die nur wegen eines „falschen“ Stück Papiers nicht mit uns kommen können. Die Verabschiedung war sehr herzlich. Es wurden noch viele Fotos gemacht und Rshad, ein Syrer, hat uns sogar noch ein Abschiedslied gesungen. Sehr gerührt, mit Tränen in den Augen, vielen neuen Projektideen im Kopf und einem Pass, der auf einmal sehr schwer wiegt in der Tasche, ging es wieder zurück nach Deutschland, wo die Uni und der normale Alltag warten.

verfasst von Flo, Henry und Anika

Kategorien: Idomeni

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