Nicht selten erleben wir in Subotica Dinge, die uns emotional berühren. Wir erzählen uns dann gegenseitig Geschichten über Begegnungen mit Flüchtenden, von glücklichen und traurigen Momenten und von Abenteuern. Jede Person von uns hat eine dieser Geschichten aufgeschrieben.

Gut versteckt zwischen vielen Bäumen befindet sich an einem See unser geheimer Duschplatz. Er sollte auch gut versteckt bleiben, denn häufig wird in unserer Arbeit hier ein Pull-Factor für Flüchtende gesehen. Deshalb verkleide ich mich an diesem Duschtag zunächst als Angler und laufe so unauffällig wie möglich an meinen nichts ahnenden „Kollegen“ vorbei. An einem anderen Ort treffe ich dann auf die Flüchtenden. Jetzt bin ich aber nicht mehr Angler sondern Flüchtling. Ganz unauffällig im schwarzen Kapuzenpullover. Gemeinsam laufen wir zum Duschplatz. Ein junger Mann erzählt mir lachend wie er im Schlauchboot auf dem Weg nach Griechenland gekentert ist und drei Stunden mit Freunden im Meer in der Rettungsweste hing. Heute gibt es wärmeres Wasser und neue Kleidung. Dabei ist schön zu sehen wie die ganze Truppe voller Vorfreude rumalbernd über Felder zur Dusche zieht!

Verfasst von Tillmann

Zwei Männer, plötzlich wieder aufgeregt wie Kinder, stehen in ihrer Duschzeltkabine und rufen „water my friend!“. Charlotte stellt das Wasser an. Einer beginnt zu singen, der andere ruft: „shampoo, shampoo!“. Also gehe ich hin und quetsche ihm etwas Shampoo auf die rausgestreckte Hand.

Nachdem aller Dreck von zwei Monaten abgeschrubbt ist, kommen sie vielleicht auch mental erfrischt aus der Dusche und bedanken sich mit einem „too much good shower!“.

Verfasst von Anna-Maria

Nisar habe ich kennengelernt, als er gerade neue Schuhe aus einer Lieferung Sachspenden bekommen hat. Schon damals war es mehr als ein Jahr her, dass er alleine aus Afghanistan geflohen ist. Jemand neben mir meinte: „these shoes are too large for him“ und wegen der offensichtlichen Doppeldeutigkeit ist mir dieser Satz in Erinnerung geblieben. Nisar und ich haben uns seitdem bei fast jedem meiner Besuche in Belgrad wieder getroffen und obwohl es zwischen uns eine gewisse Sprachbarriere gibt, ist daraus eine Freundschaft entstanden. Vor wenigen Tagen habe ich mich in Belgrad von ihm verabschiedet, weil er sein Glück an der serbisch-kroatischen Grenze versuchen will. Es ist sein letzter Versuch, für den ihm seine Eltern noch einmal einen Betrag von 88,84 Euro überwiesen haben. „Martin, after one month I go back to Afghanistan. Maybe one day you will hear that I’m dead.“

Verfasst von Martin

Eine Gruppe Geflüchteter sitzt mit uns an den Gleisen, redet und klimpert auf der Gitarre herum. Ein junger Mann kommt hinzu, reißt Witze und zieht alle Aufmerksamkeit so auf sich, dass ich nicht sicher bin, ob die Stimmung so ungezwungen bleibt.

Plötzlich beginnt der junge Mann aber zu singen und bedeutet mir, ihn auf der Gitarre zu begleiten. Für einen Moment ist alles um uns herum still und über die melancholischen Gesichtszüge des Mannes legt sich der Eindruck einer fernen Welt. Während er singt, kann ich durch seine dunklen Augen direkt in seine Seele sehen. Kurze Zeit später ist der Moment vorbei, doch die Intensität des Augenblicks hält noch lange an.

Verfasst von Charlotte

Am Morgen machten wir uns mit unseren mobilen Handyladestationen auf den Weg. Den Vormittag verbringen wir meistens im Kreis um die Aufladestationen, ein Ort des Austausches zwischen den Geflüchteten hier in Subotica. Heute erst habe ich über Skype einer Mutter ins ferne Pakistan gewunken. Nach einer weiteren Runde Triominos wurden wir aufgefordert in „den Jungel“ zu folgen. Unter einer aufgespannten Plastikfolie befand sich ein improvisierter Ofen aus einem im Boden befestigten Metallblech, auf dem binnen Sekunden aus Teigkugeln frische Tschapatafladen gebacken wurden (lecker!). Dazu Kartoffeln in einer scharfen Soße und eine geschickte rechte Hand, die Fladenbrot zu Löffeln umfunktioniert. Wir aßen zusammen und blieben noch für „Mamas“ (Urdu für 0nkel) Zigarette. Ich lerne ein Danke anzunehmen.

Verfasst von Jana

Kategorien: Subotica

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