Wir sind und wohnen jetzt tatsächlich schon seit drei Wochen in Subotica. Wie angekündigt, ist Rigardu mit dem Dusch- und Hygieneangebot aus Šid umgezogen, um den Flüchtenden in Subotica und auch Sombor Trinkwasser und mobile Duschen bereitzustellen.
Im Gegensatz zu Šid an der serbisch-kroatischen Grenze liegen Subotica und Sombor (ca. eine Stunde voneinander entfernt) an der ungarischen Grenze. Ein weiterer großer Unterschied zu Šid ist, dass sich die flüchtenden Menschen hier nicht an einer Stelle sammeln, sondern dass es über die ganze Stadt verteilt verschiedene „Spots“ gibt, die als Sammelpunkte und Wohnorte dienen. Auch die Zahl der Menschen an den verschiedenen Spots ist sehr variabel. Ein Spot nennt sich z.B. „Jungle-House“, hier halten sich meist so 10-15 Menschen auf, manchmal aber auch weniger oder niemand. An einem anderen Spot (Horgoš) sind mal 30 Leute, manchmal aber auch mehr als 100. Diese dauernd wechselnden Umstände sind für unsere Arbeit und unser Zeitmanagement ziemlich herausfordernd.
In Sombor sind meist um die 100 Flüchtenden, fast alles junge Männer, sie campieren direkt VOR einem offiziellen serbischen Camp, denn dieses ist nur für Mütter und ihre Kinder, sowie kranke und alte Menschen gedacht. Übrigens treffen wir an den Orten, an denen wir uns aufhalten, größtenteils Pakistani und ein paar Inder und Nepalesen an.
Unser Tagesablauf sieht so aus, dass wir jeden Morgen von unserem Haus zu einem Spot fahren und dort für ca. drei Stunden Duschen, Trinkwasser, Waschschüsseln, Rasierer und andere Hygieneartikel zur Verfügung stellen. Dann geht es zu einem zweiten Punkt und dort passiert das Gleiche noch einmal. Allerdings kommt uns immer der Sonnenuntergang in die Quere, denn wir brauchen Licht und um kurz vor vier geht die Sonne unter. Wenn alles wieder eingepackt ist, fahren wir zu einer öffentlichen Wasserstelle in Subotica, an welcher wir unseren 1000 Liter Tank mit einem Feuerwehrschlauch innerhalb von drei Minuten wieder voll befüllen können. Dann geht’s nach Hause, wir waschen die benutzten Handtücher und Socken, Unterhosen und T-Shirts, die die Leute beim Duschen bei uns gewechselt haben. Anschließend werden unsere Kleiderkisten wieder neu befüllt und am nächsten Tag geht das Ganze wieder von vorne los.
Ein Mann, der im sog. „Desert-House“ lebt, hat mir erzählt, wie es ist, die ungarische Grenze zu überqueren. Vom Desert-House kann man die Grenze sehen, sie liegt in einem kleinen Wäldchen ca. 700 Meter entfernt. Die Grenze werde von einem hohen, elektrischen Zaun mit Stacheldraht obendrauf markiert. 30m vor dem Zaun gebe es Bewegungssensoren, die einen Flutlichtstrahler auslösen würden. Eine Stimme würde ertönen, die sage, dass man nun ungarisches Territorium betrete und dass, wenn man es nicht verließe, geschossen werde (was wohl aber nur eine Drohung sei). Wenn die Polizei jemanden beim Überqueren der Grenze oder aber auch später im Inneren des Landes aufgreife, um ihn oder sie zurück nach Serbien zu bringen, habe die Polizei wohl häufig Kampfhunde ohne Maulkorb dabei. Er zeigte mir seine Bissspuren.
Der beginnende Winter beschäftigt uns gerade sehr. Denn die Flüchtenden kommen nass aus der Dusche und die Temperaturen sind im Minusbereich. Um die Umstände ein bisschen zu verbessern, haben wir einen Pavillon gekauft, sodass es einen kleinen windgeschützten Raum gibt und sich die Menschen nicht direkt beim Wiederanziehen erkälten. Allerdings bringt sie das noch lange nicht durch den Winter.
Verfasst von Lucija
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