Seit einiger Zeit sind wir nun in Šid an der serbisch-kroatischen Grenze aktiv und bieten hier unser bewährtes Duschsystem an: 1. alte Unterwäsche, Socken und T-Shirt gegen frisch gewaschene Kleidung tauschen, 2. warme Dusche nehmen, 3. sauber und wohler fühlen.

Während unser Duschsystem technisch gut funktioniert, sind es eher die Rahmenbedingungen, die die Arbeit hier erschweren. Es gibt in der Gegend drei Camps, in denen flüchtende Menschen untergebracht sind, eins davon zentral am Bahnhof in Šid. Wie viele Menschen hier exakt übernachten, ist schwer zu sagen. Die Zahlen, die wir hören, bewegen sich zwischen 250 und 400 Personen. Berichten zufolge teilen sich diese Menschen zwei kalte Duschen, die von 10 bis 16 Uhr geöffnet sind. Hinzu kommt, dass zahlreiche Menschen keinen Platz im Camp finden und an wechselnden Orten im Wald und Gestrüpp in der Gegend übernachten. Da diese Menschen Angst haben, von der Polizei aufgegriffen zu werden (was regelmäßig passiert) und z.B. in das geschlossene Lager nach Preševo¹ gebracht zu werden, legen sie keine festen Nachtlager an, sondern verteilen sich an wechselnden Orten. Schätzungsweise leben 50-60 Personen unter diesen Umständen; die Fluktuation ist sehr groß.

Um auch diese Menschen zu erreichen und weil eine Zusammenarbeit mit den offiziellen Camps schwierig ist, bieten wir die Duschen nicht im Camp an, sondern außerhalb. Nachdem wir durch die Polizei von unserem ersten Duschplatz weggeschickt wurden, haben wir einen neuen, etwas versteckten Platz im Gestrüpp hinter dem Bahnhof gefunden, an dem wir bisher nicht behelligt wurden. Dieser ist mitunter auch etwas schwierig für die flüchtenden Menschen zu finden, aber es spricht sich herum. Nachdem wir an den ersten Tagen jeweils 20 – 30 Personen Duschen anbieten konnten, waren es gestern fast 50 Menschen. Dies war besonders erfreulich, weil wir gestern in Kooperation mit einer Ärztin und einer Krankenpflegerin parallel zu den Duschen einen „Medical Check“ angeboten haben. Diese Kombination bietet sich insbesondere deshalb an, weil Personen mit Krätze oder Körperläusen direkt entsprechend behandelt werden können, sich duschen und anschließend neu einkleiden können, sodass eine wirksame Eindämmung dieser Probleme stattfinden kann. Besonders Körperläuse sind hier sehr häufig und unter den gegebenen Bedingungen schwer loszuwerden. Zitat von einem flüchtenden Mensch an dieser Stelle: “There are no bodylice in Pakistan or in Afghanistan. It‘s problem in Serbia, in Bulgaria, in Germany!“ Viele flüchtende Menschen besitzen nur die Kleidung, die sie am Körper tragen und haben selten die Möglichkeit sie zu waschen.

Jeden Tag gehen wir um 16 Uhr zur Essensverteilung einer anderen Organisation und unterhalten uns dort mit anderen Freiwilligen und den Menschen, die auf der Flucht sind. Dort informieren wir jeden Tag über unser Duschangebot. Neben Kartenspielen und Smalltalk tauschen wir uns außerdem über die aktuelle Situation und Stimmung aus, um einen Überblick zu bekommen, wie viele Menschen vor Ort sind, was benötigt wird und wie es weitergehen kann.

Verfasst von Ursi, Fuchs, Hannah, Tija

¹ Preŝevo: In dem im Süden Serbiens gelegenen Ort befindet sich ein geschlossenes „Detention Center“, in dem Flüchtende festgehalten werden. Es soll von dort bereits mehrfach zu illegalen Pushbacks nach Mazedonien gekommen sein. Deshalb ist unter Flüchtenden die Angst groß, dorthin gebracht zu werden.

Kategorien: Šid

1 Kommentar

Šid, Wojwodina | wellenbergemeer · 30. Mai 2017 um 13:39

[…] e.V. betreibt das Duschprojekt, bei dem ich mitgearbeitet habe (und teilweise auch die oben beschriebenen Verletzungen sehen […]

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